Test: Odys NEO e100 E-Scooter

Der SUV unter den E-Scootern? Mit dem Offroad-E-Scooter Odys NEO e100 möchte der deutsche Hersteller Odys ein ganz neues Kundensegment ansprechen. Die serienmäßige Straßenzulassung, eine Reichweite von 100 Kilometern und eine doppelte Federung versprechen im Stadtverkehr sowie abseits befestigter Straßen Fahrkomfort über die lange Distanz. Ob der Odys NEO e100 diese Versprechen auch in der Praxis hält, klären wir in diesem E-Scooter-Test.

Odys NEO e100 Gesamtansicht Seite auf der Straße
Odys NEO e100

Design, Verarbeitungsqualität und Montage

Das große Paket lässt bereits erahnen, dass es sich beim Odys NEO e100 um ein echtes Schwergewicht handelt. Mit stolzen 23,2 Kilogramm bringt der E-Scooter deutlich mehr Gewicht auf die Waage als andere E-Scooter auf dem Markt. Entsprechend schwer sind auch die Einzelteile, die es zusammen zu setzen gilt. Die einzelnen Komponenten sind durch die Kabel miteinander verbunden. Das macht den Aufbau ohne eine zweite Person zwar nicht unmöglich, aber ein wenig fummelig.

Gleiches gilt für die richtige Ausrichtung der Lenkstange über dem Vorderrad. Bis alle Schrauben richtig sitzen, benötigen wir allerdings mehrere Anläufe. Grund hierfür ist die Schraube am Hebel, mit dem Nutzerinnen und Nutzer den E-Scooter zusammenklappen. Sie verleiht gleichzeitig der Lenkstange Stabilität. Sitzt sie zu locker, hat die Lenkstange Spiel und wackelt leicht. Ist sie zu fest angezogen, lässt sich das Scharnier zum Zusammenklappen nicht mehr öffnen. Da die Schraube bei Lieferung bereits montiert ist, finden sich hierzu keinerlei Anweisungen in den beiliegenden Unterlagen. Nicht nur deshalb hätten wir uns eine etwas ausführlichere Bedienungsanleitung gewünscht.

Hochwertige Verarbeitung, schlichtes Design

Fertig aufgebaut überzeugt uns das schlichte Design und der matt-anthrazite Look. Das verbaute Aluminium wirkt optisch wie haptisch sehr hochwertig, lässt kein Ansammeln von Fingerabdrücken zu und zeugt von einer hohen Verarbeitungsqualität. An keiner Stelle des E-Scooters lassen sich Produktionsrückstände, scharfe Kanten oder überstehende Teile feststellen. Auch an neuralgischen Punkten wie Scharnieren, Gelenken und Schrauben ist das Gerät sehr sauber verarbeitet. Hier macht sich bemerkbar, dass Odys auf Qualität setzt. Dank der IP55-Schutzklasse machen dem E-Scooter auch Wasserspritzer nichts aus. Wir finden es bemerkenswert, wie wenig man dem E-Scooter unsere Fahrt durch Pfützen und feuchten Untergrund ansieht.

Angesichts seiner überdurchschnittlichen Maße von 130 x 52 x 127 (Länge x Breite x Höhe) Zentimeter steht dem Odys NEO e100 sein zurückhaltendes Design sehr gut zu Gesicht. Dass es sich um einen der Größten seiner Zunft handelt, fällt dadurch optisch kaum auf. Eine Besonderheit sticht allerdings ins Auge: Der große Spalt am hinteren Ende des Trittbretts und dem Hinterrad. Hier befindet sich die Spiralfederung. Was sich positiv auf den Fahrkomfort auswirkt, birgt besonders im Herbst ein gutes Versteck für Blätter und anderen Straßenschmutz.

Odys NEO e100 Lenkstange mit Schraube
Für die Schraube am Klapphebel ist Fingerspitzengefühl erforderlich

Bedienung und Handhabung

Odys NEO e100 Screenshot der Odys App
Die Odys-App bietet grundlegende Betriebsdaten zum E-Scooter

Welche Funktionen hat die Odys-App?

Bevor Nutzerinnen und Nutzer den E-Scooter in Betrieb nehmen können, muss er über die Odys-App aktiviert werden. Nach wenigen Klicks ist diese installiert und das Gerät per Bluetooth freigeschaltet. Die App liefert grundlegende Informationen wie Akkustand, Fahrtzeit, Kilometerstand, Betriebszeit und die aktuelle sowie durchschnittliche Geschwindigkeit. Eine nette Spielerei, aber nicht wirklich notwendig, zumal Fahrerinnen und Fahrer den Akkustand und die aktuelle Geschwindigkeit auch während der Fahrt auf dem Display ablesen können. Die wohl nützlichste Funktion der App ist die Aktivierung der Wegfahrsperre. In diesem Zustand lässt sich der E-Scooter nur noch schwer rollen. Eine sinnvolle Funktion, sollte man das Gefährt doch einmal länger draußen parken wollen, wenngleich nur das Anbringen eines richtigen Schlosses wirklich verlässlich vor Diebstahl schützt.

Bedienung der verschiedenen Fahrmodi

Der Odys NEO e100 verfügt über 3 Fahrmodi, den Eco-Modus bis 5 km/h zum erleichterten Schieben, den Standardmodus bis 15 km/h und den Sportmodus bis 20 km/h. Dem Display genügt eine einzige Taste zur Steuerung aller Funktionen. Langes Drücken schaltet den E-Scooter ein und aus. Ein kurzer einfacher Tastendruck betätigt das Licht. Per Doppeldruck können Nutzerinnen und Nutzer zwischen den verschiedenen Modi wechseln. Über den Gashebel auf der rechten Seite beschleunigt der E-Scooter. Wir empfinden den Druckpunkt des Hebels als sehr angenehm. Selbst nach längeren Strecken mit durchgedrücktem Gas, zeigen sich keine Ermüdungserscheinungen am Daumen. Für die Betätigung der Klingel ist allerdings unverhältnismäßig viel Fingerkraft von Nöten. Gerade in Situationen, die eine schnelle Reaktion erfordern, ist das eher hinderlich. Insgesamt überzeugt uns die Bedienung des Odys NEO e100 aber.

Zusammenklappen und Lenkerhöhe

Zusammenklappen lässt sich der Offroad-E-Scooter über den Verriegelungshebel, den Nutzerinnen und Nutzer mit wenigen Schrauben bei der Montage am oberen Ende der Lenkstange anbringen. Ein kleiner Wermutstropfen in der Alltagsnutzung: Der Riegel rastet nicht per Druck am Haken des Trittbretts ein, sondern muss mit einem extra Handgriff hochgeklappt und in die Vorrichtung eingehängt werden. Wer den E-Scooter allerdings nur selten zusammenklappen muss, wird sich daran nicht sonderlich stören.
Mit 106 Zentimetern – vom Trittbrett aus gemessen – ist der Lenker höher als bei vergleichbaren E-Scootern. Der Autor dieser Zeilen von 190 Zentimetern Körpergröße freut sich über die erhöhte Fahrposition. Laut Hersteller eignet sich der E-Scooter für Körpergrößen zwischen 130 bis 200 Zentimeter. Um die Höhe optimal an die Körpergröße anpassen zu können, hätten wir uns allerdings eine höhenverstellbare Lenkstange gewünscht.

Odys Neo e100 E-Scooter zusammengeklappt
Der Odys Neo e100 zusammengeklappt

Fahrverhalten

Der Odys NEO e100 im Betrieb

Der Eco-Modus dient lediglich dazu Nutzerinnen und Nutzern das Schieben des Geräts zu erleichtern und ist für den E-Scooter-Test nachrangig. Unser Augenmerk liegt auf dem Standardmodus D und dem Sportmodus S, welche sich im Falle des Odys NEO e100 deutlich unterscheiden. Während der Standardmodus gleichmäßig und gemächlich beschleunigt und zum gemütlichen Fahren einlädt, beschleunigt der Sportmodus außerordentlich flott. Ein Alltagsbeispiel aus dem Straßenverkehr: Im Standardmodus kommt der E-Scooter an der Ampel nur schwer an anfahrenden Fahrrädern vorbei und muss sich meist hinten einordnen. Im Sportmodus haben Fahrräder gegen die rasche Beschleunigung des Odys NEO e100 das Nachsehen.

Lenkung und Bremsen

Die Trittfläche des Odys NEO e100 ist üppige 57 x 18 Zentimeter groß. Zusammen mit dem hohen Lenker sorgt der E-Scooter so für einen sehr komfortablen Stand. Bereits auf den ersten Metern macht sich das überdurchschnittliche Gewicht positiv bemerkbar. Das Gerät fühlt sich besonders beim Lenken sehr stabil und wendig an. Das Manövrieren und sich in Kurven legen mit einem so robusten Untersatz bietet großen Fahrspaß.

Auch die Bremsen unterziehen wir einem ausgiebigen Test. Das duale Bremssystem besteht aus einer elektrischen Komponente vorne und einer mechanischen Vorrichtung hinten, die gleichzeitig mit dem Hebel am Griff betätigt werden. Bei maximaler Geschwindigkeit von 20 km/h legen wir eine Vollbremsung ein. Das Gerät drosselt bei kurzem Bremsweg gleichmäßig, aber bestimmt die Geschwindigkeit bis es zum Stehen kommt, ohne dabei auch nur ein bisschen Stabilität einzubüßen. Eine sehr überzeugende Leistung.

Lenkstange des Odys Neo e100
Extra hohe Lenkstange für Personen bis 2 Meter Körpergröße

Vorder- und Hinterradfederung

Ein besonderes Ausstattungsmerkmal, durch das sich der Odys NEO e100 aus der Masse der E-Scooter abhebt, ist die doppelte Federung, die für besonderen Fahrkomfort sorgen soll. Das System macht sich auch in der Praxis bemerkbar. Unebenheiten auf dem Straßenbelag federt der E-Scooter dadurch gut ab. Das Überfahren von Tramschienen, kleineren Kanten oder minimalen Höhenunterschieden im Großstadtdschungel meistert das Gerät ebenfalls, ohne seinen Fahrer über die Maßen durchzuschütteln. Auch die Fahrt auf kleinerem Kopfsteinpflaster ist mit dem Odys NEO e100 zumindest für eine begrenzte Zeit erträglich. Der spannendste Teil dieses E-Scooter-Tests spielt sich jedoch abseits befestigter Wege ab.

Der Odys NEO e100 im Offroad-Test

Odys NEO e100
Maximale Motorleistung 500 W
Reichweitebis zu 80 km
Gewicht23,2 kg
Höchstgeschwindigkeit20 km/h
Wir testen den Offroad-E-Scooter auf unwegsamem Gelände. Zunächst geht es auf einen Feldweg mit kleinen Kieselsteinen. Dank der Federung und nicht zuletzt auch der großen 10-Zoll-Luftreifen ist es ein sehr stabiles Unterfangen, das dem Fahrspaß keinen Abbruch tut. Durch die ruhige Straßenlage und die erhöhte Fahrposition drängt sich uns schnell das Bild des ‚SUV-E-Scooters‘ auf. Wir verlassen den Feldweg und fahren auf einen weniger befestigten Waldweg mit Schotteruntergrund, ungleichmäßig großen Steinen und Erhebungen sowie Pfützen und schlammigen Stellen. Der E-Scooter macht auch hier einen stabilen Eindruck. Wir haben zu keiner Zeit das Gefühl, dass wir Gefahr laufen, stecken zu bleiben oder durch einen größeren Stein zu Fall gebracht zu werden. Der Fahrspaß leidet allerdings unter dem unwegsamen Untergrund, da auch die doppelte Federung viele Erschütterungen nicht ausgleichen kann.

Als Nächstes fahren wir den Odys NEO e100 buchstäblich Offroad und durchqueren eine Wiese mit höherem Gras. Solange wir an größeren Löchern und Hügeln vorbeimanövrieren, liegt das Gerät auch hier relativ stabil in der Hand. Besonders bei diesem tiefen Untergrund macht sich die überdurchschnittliche Dauerleistung von 500 Watt und der Heckantrieb bemerkbar. Fahrerinnen und Fahrer müssen auch hier zu keiner Zeit Bedenken haben, aufgrund von fehlender Leistung stecken zu bleiben.

Insgesamt löst der Odys NEO e100 in unserem E-Scooter-Test sein Offroad-Versprechen ein, auch wenn der Fahrspaß mit zunehmender Unwegsamkeit des Untergrunds leidet. Dass er in der Lage ist, schlechter befestigte Wege zu befahren, werten wir als deutlichen Vorzug gegenüber vergleichbaren Modellen auf dem Markt. Ob es notwendig ist, einen E-Scooter über längere Distanzen beziehungsweise gänzlich Offroad einzusetzen und den – verglichen mit Fahrten auf befestigtem Untergrund – verminderten Fahrspaß in Kauf zu nehmen, müssen Nutzerinnen und Nutzer für sich selbst entscheiden.

Seitenansicht des Odys Neo e100
Dank doppelter Federung und 10-Zoll-Luftreifen bietet der Odys Neo e100 großen Fahrspaß

Akku und Reichweite

Wie lange sind die Ladezeiten des Odys NEO e100?

Mit einer Nennkapazität von 675 Wattstunden befindet sich der Akku des Odys NEO e100 in der Marktübersicht im oberen Leistungsdrittel. Dieser hohe Wert hat zur Folge, dass die Akkuladezeit laut Hersteller bis zu 7 Stunden betragen kann. Im Vergleich mit anderen E-Scootern am Markt braucht der Odys NEO e100 damit deutlich länger, um voll zu laden, was wir in unserem Test auch bestätigen können. Dank des zweiten Ladeanschlusses haben Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit, mit einem zweiten Netzteil die Ladezeit zu halbieren. Dieses ist jedoch nicht im Lieferumfang enthalten, sondern muss separat erworben werden.

Schafft der Odys NEO e100 wirklich 100 Kilometer?

In der Praxis schafft der Odys NEO e100 die 100 Kilometer nicht. Aber: Reichweitenangaben von E-Scooter-Herstellern beziehen sich meist auf Messungen unter perfekten Bedingungen. Im Falle des Odys NEO e100 insbesondere auf die Verwendung des Standardmodus D mit einer Maximalgeschwindigkeit von 15 km/h. In der Regel können Nutzerinnen und Nutzer bei durchschnittlicher Nutzung mit einem Abzug der Reichweite von bis zu 20 Prozent rechnen. Wir testen den E-Scooter im alltäglichen Gebrauch mit verschiedenen bewusst herbeigeführten Stresstests, wie Stop-and-Go-Situationen, Vollgas im Sportmodus, längerem Schieben, dem Überwinden von Anstiegen und dem Fahren auf schwerem Untergrund.

Unser Ergebnis: Erst nach circa 60 Kilometern beginnt die Beschleunigung im Sportmodus abzufallen. Die weiteren circa 2 Kilometer ist der Betrieb nur noch im Standardmodus möglich, ehe der Akku gänzlich schlapp macht. Trotz der deutlichen Abweichung zu den versprochenen 100 Kilometern, ist diese Reichweite beeindruckend. Bei gleichmäßigerer und überwiegender Nutzung im Standardmodus erscheint uns eine Gesamtreichweite von 70 bis 80 Kilometern durchaus realistisch. Diese Werte sind unübertroffen und zeigen, dass der Odys NEO e100 in Sachen Reichweite in einer eigenen Liga spielt. Uns ist kein E-Scooter auf dem Markt bekannt (Stand: 11/2022), dessen Hersteller mehr als 65 Kilometer Reichweite verspricht.

Fazit

Auch wenn der Odys e100 NEO nicht auf die vom Hersteller versprochene Reichweite von 100 Kilometern kommt, hält er im intensiven Alltagstest länger durch als die Mehrzahl der E-Scooter auf dem Markt. Die hochwertige Verarbeitung, die Reifen und die Doppelfederung sorgen für ein stabiles, wendiges und angenehmes Fahrerlebnis und überzeugen uns im Test. Das hohe Gewicht trägt zu einer besonderen Stabilität bei, erweist sich in Alltagssituationen allerdings als störend. Wer einen hochwertigen E-Scooter für längere Ausflüge – auch über Stock und Stein – sucht und das schwere Gefährt nicht über längere Distanzen tragen muss, greift mit dem Odys NEO e100 ganz oben ins Regal.

So testen wir E-Scooter

Wertung

: Odys NEO e100

Odys NEO e100
  1. Design und Verarbeitungsqualität
    1,7
    • Bedienung und Handhabung
      1,5
      • Fahrverhalten
        1,3
        • Akku und Reichweite
          1,5

          Pros

          • Unübertroffene Reichweite
          • Doppelte Federung für Offroad-Fahrten
          • Großer Fahrspaß
          • Stabiles Fahrverhalten
          • Sehr hochwertige Verarbeitung
          • Intuitive Bedienung

          Cons

          • Sehr hohes Gewicht
          • Lenkstange nicht höhenverstellbar